Wie die schlesische Hauptstadt zum Zentrum der Gamingbranche wurde
Weltweites Interesse am „Spodek“
Im Februar 2025 blickte die weltweite E-Sport-Community erneut nach Kattowitz. In der ikonischen Mehrzweckhalle Spodek fand das internationale Turnier Intel Extreme Masters (IEM) statt – eines der prestigeträchtigsten Events der Szene. Die Veranstaltung unterstreicht nicht nur die sportliche Relevanz des E-Sports, sondern auch die wachsende Bedeutung der Computerspielindustrie für die Hauptstadt der Woiwodschaft Schlesien.
Vom Hobby zum Milliardenmarkt
Die Geschichte des E-Sports reicht zurück bis zu den Anfängen der Videospiele, doch den entscheidenden Aufschwung erlebte die Szene in den frühen 2000er Jahren: Internetzugang wurde günstiger und besser – internationale Wettbewerbe waren plötzlich für alle möglich. Seither stiegen sowohl Professionalität als auch Zuschauerzahlen und Preisgelder.
Heute gibt es weltweit Tausende sogenannte Pro-Gamer, die ihren Lebensunterhalt durch Wettkämpfe bestreiten. Auch klassische Sportvereine engagieren sich zunehmend in diesem Bereich – so gründete etwa Schalke 04 2016 als erster deutscher Profiklub eine E-Sport-Abteilung.

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Kattowitz als globaler Hotspot
Seit 2013 ist Kattowitz fest im internationalen E-Sport-Kalender verankert. Damals richtete die E-Sport-Liga ESL erstmals die „Masters Championships“ der IEM-Serie in der Stadt aus. 2025 triumphierte das französische Team Vitality und sicherte sich ein Preisgeld von 400.000 US-Dollar.

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Doch nicht nur die Spieler zieht es in die schlesische Metropole: 2019 verfolgten über 174.000 Zuschauer das Turnier live im Spodek – 230 Millionen weitere sahen online zu. Die Übertragung wurde in 21 Sprachen simultan übersetzt. Angesichts dieser Reichweite überrascht es kaum, dass Sponsoren Schlange stehen – und die lokale Wirtschaft durch ausgebuchte Hotels und volle Restaurants profitiert.
Gaming als Wirtschaftsmotor
Weltweit zählt die Gamingbranche über 2,5 Milliarden Spieler – ob am PC, Smartphone oder der Konsole. Mit einem Umsatz von 214 Milliarden US-Dollar (2023) übertrifft sie sogar die Film- und Musikindustrie.
Auch Polen spielt wirtschaftlich ganz vorne mit. Gemeinsam mit Frankreich ist das Land hinter Großbritannien der zweitgrößte Spieleentwickler Europas. Über 15.000 Beschäftigte arbeiten in knapp 500 Firmen, unter anderem an Blockbustern wie The Witcher 3: Wild Hunt oder Cyberpunk 2077.
Allein von 2017 bis 2023 wuchs der Umsatz der Branche in Polen um 280 % auf 1,47 Milliarden US-Dollar – bis zu 90 % davon durch Exporte.

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Strukturwandel mit Erfolg
Kattowitz profitiert nicht nur während der Turnierwochen: Immer mehr Unternehmen der Gaming- und Kreativwirtschaft lassen sich in der Stadt nieder und sorgen für Steuereinnahmen sowie zukunftssichere Arbeitsplätze.
Auf einschlägigen Jobplattformen finden sich regelmäßig Stellenanzeigen für Game Tester, Player Support Agents oder Content Moderatoren. Die Region punktet zusätzlich mit gut ausgebildeten Fachkräften: Sechs Hochschulen bieten passende Studiengänge an – darunter Computerspieldesign an der Schlesischen Universität seit 2012.
„E-Sport ist für Kattowitz das, was Kohle früher war: Identität und Zukunft in einem.“
Hightech statt Halde
Die Stadt setzt weiter auf Innovation. Auf dem Gelände des stillgelegten Bergwerks Wieczorek entsteht bis 2026 ein Gaming- und Technologiehub für über 600 Millionen PLN – fast zur Hälfte aus EU-Mitteln finanziert. Neben modernen Büros werden dort Labore, Film- und Tonstudios sowie ein Ausbildungszentrum entstehen. Auch Veranstaltungsräume, Gastronomie- und Freizeitangebote sind geplant. Das Ziel: ein neues Stadtviertel rund um digitale Technologien. Vorbild ist die erfolgreiche Umgestaltung des ehemaligen Bergwerks „Katowice“, wo in den 2010er Jahren die Strefa Kultury (Kulturzone) entstand.
Im besten Fall könnte das Projekt als Symbol eines gelungenen Strukturwandels in Oberschlesien gelten – weg von Kohle und Stahl, hin zur Wissens- und Kreativwirtschaft.